Ist dir eigentlich klar, dass Beratung nichts ist, was nur den größeren Unternehmen vorbehalten ist? Und dass Unternehmensberatung nicht nur dafür da ist, deine Produktionsprozesse zu digitalisieren, deine Kosten radikal zu senken oder Mitarbeiter*innen einzusparen? Unternehmensberatung ist teuer und wichtig aussehende Menschen mit Laptops rationalisieren alles weg, was nicht rechtzeitig seine Wichtigkeit darstellt? Wie ist dieser verdrehte und einseitige Mythos eigentlich entstanden?
Beratung kann jedes Unternehmen in Anspruch nehmen und wird umfangreich durch staatliche Förderung unterstützt.
Inhaltsverzeichnis
Was kann Beratung also sonst noch sein?
Und warum sollte jede von uns, egal ob mit Mitarbeiter*innen oder allein im Business unterwegs, darauf zurückgreifen und all die Möglichkeiten nutzen, die uns der Staat durchaus so zahlreich bietet?
Gute Berater*innen laufen nicht mit gezücktem Rotstift durch dein Unternehmen, erstellen zu horrenden Tagessätzen ein wirklichkeitsfernes Konzept und sind dann wieder verschwunden. Okay, ja, diese Berater*innen gibt es auch. Aber das hat nicht im Entferntesten damit zu tun, wie ich Beratung verstehe.
Laut Wikipedia ist eine „Beratung eine unverbindlich strukturierte Kommunikation, also ein Beratungsgespräch, in dem ein Teilnehmer Informationen weitergibt, um damit das Wissen des Empfängers zu vergrößern. Ziel einer Beratung kann auch sein, den Adressaten zu einer bestimmten Handlung oder einem Unterlassen zu bewegen.“ Steigen wir nun tiefer ein und fragen Wikipedia gezielt nach „Unternehmensberatung“ erfahren wir, dass „Unternehmensberater anderen Unternehmen eine Beratung als Dienstleistung anbieten. Oft ist das Management der Kunden (beziehungsweise Klienten) Gegenstand der Beratung, dann wird von Managementberatung gesprochen. Manchmal stehen auch fachliche Entscheidungen und Veränderungen im Mittelpunkt, wie zum Beispiel bei speziellen IT- oder Ingenieurleistungen, Personalfragen oder der Wirtschaftsprüfung.“
Beratung sollten wir alle für uns nutzen
Was sollte mich als Unternehmerin oder aber auch als Solo-Selbständige also davon abhalten, genau diese Kommunikation zu suchen? Ist es nicht sogar wichtig und schlau, dass ich mir fachliche Hilfe bei neuen oder herausfordernden Themen suche?
Dass die klassische Unternehmensberatung dafür für mich zu kurz greift, habe ich in meinem letzten Blogartikel erläutert:
https://claudiabose.de/beratung-versus-coaching/
Dort findet ihr auch den Unterschied zwischen Beratung und Coaching noch einmal genau erläutert.
Leider stehe ich mit dieser Sichtweise noch etwas allein da. Momentan sind alle Förderprogramme ausschließlich auf Beratung ausgerichtet und Coaching ist ausdrücklich davon ausgenommen. Wer sich allerdings ehrlich für seine Klient*innen und ihre Anliegen interessiert, wird Coaching gar nicht ausklammern können. Es wird jedoch noch eine Weile dauern, bis dies beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales angekommen ist. Aber das ist eine andere Revolution, vorerst bedienen wir uns der Mittel, die uns zur Verfügung gestellt werden und nutzen sie, um uns und unsere Unternehmen stärker, nachhaltiger und zukunftsorientierter zu gestalten.
Liebe Unternehmerinnen, ich kann nur an euch appellieren: Bitte nutzt die finanzielle und fachliche Unterstützung, die euch so umfangreich zur Verfügung steht. (Den nervigen Protokoll- und Papierkram könnt ihr auf eure hoch motivierten Berater*innen abwälzen, die werden dafür ja auch ordentlich bezahlt und bekommen die einmalige Chance, mit genau euch zu arbeiten.)
Welche Möglichkeiten habt ihr und eurer Unternehmen, euch Unterstützung zu holen?
Inhaltlich sind dem ganzen keine Grenzen gesetzt. Strategische Entwicklung aller Art, Prozess- und Kostenanalysen, Umstrukturierungen, Entwicklung der Mitarbeiter*innen – was auch immer euch umtreibt, hat seinen Platz. Für Digitalisierungsthemen stehen euch z.B. die „Mittelstand 4.0 Kompetenzzentren“ als Ansprechpartner*innen zur Verfügung – ihr müsst euch nur trauen.
Aber zurück zur allgemeineren Beratungsförderung. Ihr kennt sicherlich diese Phasen, wo euch alles über den Kopf wächst. Was ihr jetzt braucht, ist Struktur in das Chaos – einen klaren Fokus. Was könnt ihr tun, damit sich euer Business, euer Unternehmen bestmöglich entwickelt?
Die 100% Förderung der BAFA für von Corona betroffene Unternehmen wurde zwar genau so schnell wieder gestoppt, wie sie werbewirksam propagiert wurde – allerdings hat das eine schon lange bestehende Form der staatlichen Unterstützung ins Rampenlicht gerückt, die vielen Unternehmen nicht bewusst und nicht bekannt ist – die BAFA-Beratungsförderung.
Die Möglichkeiten der BAFA-Beratungsförderung
Noch einmal mein Hinweis: Ihr müsst Herausforderungen in eurem Unternehmerinnenalltag nicht allein stemmen, auch nicht finanziell. Die BAFA-Beratungsförderung unterstützt Unternehmen, aber eben auch hauptberuflich Solo-Selbständige mit einer finanziellen Förderung strategischer Beratung. Je nach Rahmenbedingungen erhaltet ihr 50% oder 80% von max. 3.000 bzw. 4.000 EUR Beratungsleistung zurückerstattet, die Beratung darf dabei max. 6 Monate umfassen. Das Förderprogramm mit dem Namen „Förderung unternehmerischen Know-hows“ fasst alle bisherigen Programme zusammen. Dieses Programm richtet sich an:
- Jungunternehmen – Junge Unternehmen, die nicht länger als zwei Jahre am Markt sind.
- Bestandsunternehmen – Unternehmen ab dem dritten Jahr nach Gründung.
- Unternehmen in Schwierigkeiten – Unternehmen, die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden.
Je nach Bundesland erhalten
- Jungunternehmen eine Förderung von 50 – 80% bei maximal 4.000 EUR Beratungsvolumen;
- Bestandsunternehmen finanzielle Förderung in Höhe von ebenfalls 50 – 80% bei maximal 3.000 EUR Beratungsvolumen und
- Unternehmen in Schwierigkeiten werden mit 90% bei maximal 3.000 EUR Beratungsvolumen unterstützt.
Alle Details zum Programm und zur Antragstellung findet ihr hier:
https://www.bafa.de/DE/Wirtschafts_Mittelstandsfoerderung/Beratung_Finanzierung/Unternehmensberatung/unternehmensberatung_node.html
Die Auswahl des bzw. der richtigen Berater*in
Wichtig ist, dass ihr sorgfältig in der Auswahl eures bzw. eurer Berater*in seid. Welche Erfahrungen hat er/sie? Lasst euch einen ausführlichen Projekt-Lebenslauf zeigen und fragt, wenn möglich auch bei einigen der genannten Referenzen nach. Aber am wichtigsten: Hört auf euer Bauchgefühl. Fühlt ihr euch verstanden? Würdet ihr diesem Menschen vertrauliche, persönliche und unternehmerische Details anvertrauen? Ein guter Indikator sind die Fragen, die euch der/die Berater*in stellt. Geht es gleich um Anträge und Abwicklung oder nimmt sich der Mensch euch gegenüber bzw. am Telefon Zeit, euch und eure Herausforderung zu verstehen? Hilft er/sie euch, der genauen Problemstellung erst einmal auf den Grund zu gehen? Erklärt er/sie euch, wie er/sie arbeitet, was er/sie leisten kann, aber auch von euch fordert? Wenn ihr euch dann entspannt und verstanden und gesehen fühlt, dann habt ihr den/die Richtige*n gefunden. Mir ist bewusst, dass das oft der Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleicht, aber es lohnt sich, denn nur dann könnt ihr euch wirklich öffnen und seid bereit für andere Ideen und Lösungsansätze. Erzählt eurem Umfeld von eurem Vorhaben und fragt nach Erfahrungen und Empfehlungen.
Nach Hilfe zu fragen ist kein Versagen und keine Schwäche, sondern viel schlauer als eure Kräfte und Ressourcen dabei zu verbrennen, alles allein lösen zu wollen.
Ein weiteres großartiges Förderprogramm – diesmal vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales – ist „unternehmensWert:Mensch“, dass sich an Unternehmen mit mindestens einem/einer und maximal 250 Vollzeit-Mitarbeiter*innen richtet (durchaus „zusammengesetzt“ aus mehreren Teilzeit-Angestellten).
Das Förderprogramm “unternehmensWert:Mensch”
Mit diesem Programm könnt ihr euch von einer/einem Berater*in unterstützen lassen, um Abläufe in eurem Unternehmen voranzubringen, die inhaltlich einen der folgenden Bereiche abdecken:
- Personalführung
- Chancengleichheit & Diversity
- Gesundheit
- Wissen & Kompetenz
Und fällt darunter nicht alles, was euch im Team und als Unternehmen voranbringt?
Bedingung ist, dass es euch seit mind. zwei Jahren am Markt gibt und ihr, wie erwähnt, über Mitarbeiter*innen verfügt.
Noch einmal zusammengefasst: Wer wird gefördert?
- Sitz und Arbeitsstätte in Deutschland
- Jahresumsatz geringer als 50 Mio. EUR oder Jahresbilanzsumme geringer als 43 Mio. EUR
- mind. zweijähriges Bestehen des Unternehmens
- weniger als 250 Beschäftigte (Ausnahme: Baden-Württemberg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen: maximal 10 Mitarbeiter*innen)
- mind. eine/n sozialversicherungspflichtige/n Beschäftigte/n in Vollzeit (Die Berechnung erfolgt nach Jahresarbeitseinheiten. Teilzeitbeschäftigte können anteilig berücksichtigt werden.)
Und was genau wird gefördert?
- max. 10 Beratungstage à max. 1.000 EUR
- Durchführung innerhalb von max. 9 Monaten
- 80% Förderung bei bis zu 10 Mitarbeiter*innen, darüber hinaus 50% Förderung
Alle Rahmenbedingungen und den Ablauf des Programms findet ihr hier: https://www.unternehmens-wert-mensch.de/das-programm/uebersicht/
Wie kann Beratungsförderung praktisch umgesetzt werden?
Von Ende Oktober 2019 bis Ende März 2020 habe ich eine PR und Management Agentur in Hamburg unterstützt. Die Agentur hat, neben der Inhaberin, 1,5 Festangestellte und arbeitet mit 5 zusätzlichen Freiberufler*innen, die verteilt in Deutschland wohnen und arbeiten.
Wir haben in zwei Strategie-Workshops mit allen Beteiligten erarbeitet, wo die Agentur aktuell steht (Status Quo) und wo alle gemeinsam hinwollen. D.h. wir mussten uns erst einmal Klarheit verschaffen: ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀
- Wer sind heute unsere Kunden? Und wen hätten wir gerne als Kunden?
- Wie setzt sich unser Umsatz zusammen? Welche Dienstleistungen bieten wir an? Und was davon sehen wir als unsere Kernkompetenzen?
- Worin sind wir richtig gut? Und wie können wir darin zu den einzig wahren Expert*innen auf unserem Markt werden?
- Was ist unsere Mission? ⠀
In der daraufhin folgenden gemeinsamen Arbeit kümmerten wir uns u.a. um folgende Themen: ⠀⠀⠀
- Vorbereitung eines Strategie-Meetings mit dem größten Kunden⠀
- Digitalisierung von Arbeitsabläufen⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀
- Entwicklung und Umsetzung einer einheitlichen Preispolitik⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀
- Implementierung einer einheitlichen Meeting-Kultur inkl. sinnvoller Software-Tools zum Austausch⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀
- Beschreibung von Aufgaben und wiederkehrenden Abläufen⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀
- Definition der wichtigsten Kennzahlen und Erläuterung ihrer Aussagefähigkeit⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀
- Aufsetzung eines einfachen Controllings zur Steuerung des Unternehmens⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀
Auf Wunsch der Unternehmerin habe ich sie dazu parallel im Coaching begleitet, um sich in ihrer Rolle und in ihrer Kommunikation klarer zu werden, Stressfaktoren zu erkennen, aber auch ihr “warum” wiederzufinden, was sie in 16 Jahren Agenturalltag beinahe verloren hatte.
Wir haben hart gearbeitet, hatten aber auch eine Menge Spaß miteinander und mir geht das Herz auf, wenn ich sehe, wie sie wieder vor Energie und Motivation sprüht.
Habt ihr Fragen zur Förderung?
Wenn ihr Fragen zu den genannten Förder-Programmen habt, schreibt mir gerne eine E-Mail an impulse@claudiabose.de. Wie immer freue ich mich auch wie verrückt über den Erfahrungsaustausch mit euch auf Instagram (@claudiabose.de), bei https://www.linkedin.com/in/claudia-bose-cbo/ oder auf https://www.facebook.com/claudiabose.de/.